Andreas Koch
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Verein Geothermie Thurgau
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News

Mitgliederversammlung zum 10-jährigen Jubiläum

16.09.2021
„Verein Geothermie“ lässt anlässlich der Mitgliederversammlung die Katze aus dem Sack

30-Millionen-Projekt „Thurgauer Energie-Nutzung aus dem Untergrund“ leitet neue Epoche für Thurgauer Energiewende ein

Text: Armin Menzi

Der Verein Geothermie Thurgau blickte an seinem 10. Geburtstag nicht nur zurück. Er versprühte vor allem Aufbruchsstimmung. Und liess mit dem Themenschwerpunkt „Thurgauer Energie-Nutzung aus dem Untergrund“ (TEnU 2030) die Katze aus dem Sack. „Wir müs-sen aus der Vergangenheit die richtigen Schlüsse für die Zukunft zie-hen“, erklärte Vereinspräsident Josef Gemperle und erinnerte dabei an die Höhen und Tiefen der jüngeren Geschichte. „Viele Vorhaben der Vergangenheit sind nicht am fehlenden Optimismus gescheitert, sondern am Mangel an Grundlagen“, bilanzierte der seit Jahren pro-filierteste Thurgauer Energiepolitiker mit einem Seitenblick auf die derzeit auf Eis liegenden Hoffnungen für ein Thurgauer Geothermie-Kraftwerk. Diesen Einschätzungen wollte an der Mitgliederversamm-lung selbst alt Ständerat Roland Eberle nicht widersprechen. Der langjährige Axpo-Verwaltungsrat erklärte, dass verlässlichere Daten über den Untergrund mehr Sicherheit für Investitionsentscheide bö-ten: „Insofern ist das Projekt ‚TEnU‘ eine gute Sache“, erklärte Eberle vor den Mitgliedern.

Kanton will mehr „gestalten als verwalten“
Die Enttäuschung über die seinerzeitige Absage an ein Thurgauer Geothermie-Kraftwerk habe auch sein Gutes gehabt, bilanzierte Thomas Volken von der Abteilung Energie die Sicht des Kantons: Die Regierung habe gelernt, „Geduld zu haben“. In Zukunft wolle man aber „mehr gestalten statt verwalten“. Hierzu sei das Projekt „TEnU“ das richtige Vorhaben zum richtigen Zeitpunkt. Mehr noch: „Ohne den VGTG würde es dieses Projekt nicht geben“, so Volken anerken-nend. In ihrer Videobotschaft schlug Ständerätin Brigitte Häberli den Bogen zum Bund. Die Motion „Digitalisierung des Untergrundes“ sei derzeit im Parlament gut unterwegs. „Der Bund und der Kanton Thurgau werden diese wichtige Aufgabe gemeinsam und erfolgreich voranbringen“, ist Brigitte Häberli überzeugt.

Auch Grossratspräsidentin Brigitte Kaufmann zollte dem Verein Respekt und betonte, das wichtigste Gut für Energielösungen bestehe in Wissen und Kompetenz, und der Schlüssel für den Erfolg bilde das Vertrauen der Bürger. Diese Einschätzung teilte Frauenfelds Stadt-präsident Anders Stokholm, denn „Innovationen lösen zuweilen auch Skepsis und Verunsicherung aus“. Die Geothermie erlebe in der Kan-tonshauptstadt gerade eine Zeitenwende: „Die Aufhebung des Ver-bots von Erdwärmesonden-Bohrungen in grundwassergeführten Stadtteilen hat das Fenster für die Nutzung der Geothermie weit auf-gestossen“, ist Stokholm überzeugt.

30 Millionen lösen nochmals 40 Millionen Drittmittel aus
Damit dieser Aufschwung anhält, hat der Verein für das Erkun-dungsprojekt „Thurgauer Energie-Nutzung aus dem Untergrund“ 30 Millionen Franken aus dem Topf der TKB-PS-Erlöse beantragt. Das Vorhaben dürfe wegen des nationalen Pioniercharakters zusätzlich mit Bundesmitteln von 40 Mio. Franken rechnen, erklärte Bernd Frieg. „Es löst damit am meisten Drittmittel aus und hat sogar das Potenzial für ein nationales Leuchtturmprojekt“, so Frieg. Er ist Mit-autor des Projekts und zählt zu den erfahrensten Geologen und Hyd-rogeologen des Landes. Seit 32 Jahren leitet er die regionalen Stand-ort-Untersuchungen bei der „nagra“ – und damit das umfangreichste geologische Forschungsprojekt des Landes.

Um den Kenntnisstand des tieferen Untergrunds im Thurgau stehe es nicht gut. „Einen Standort für Geothermie zu finden ist vergleichbar mit der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, erklärte Roland Wyss. Seit 35 Jahren zählt auch er zu den renommierten Experten für Geologie, Hydrogeologie und Geothermie der Schweiz, hatte ver-schiedene Lehraufträge an der ETH Zürich, war in Firmen im In- und Ausland tätig und arbeitete ebenfalls massgeblich am Projekt „TEnU 2030“ mit.

Schweizer Premiere punkto Qualität
Das Projekt „Thurgauer Energie-Nutzung aus dem Untergrund“ ist landesweit eines der ersten durchgreifenden und konsequent struk-turierten kantonale Erkundungsprogramme dieser Qualität. In drei Phasen soll bis 2030 Klarheit über die Nutzungsmöglichkeiten der Geothermie geschaffen werden. In der ersten Phase werden vorhan-dene Daten systematisch gesammelt, analysiert und nach erfolgsver-sprechenden Gebieten und Nutzungsformen selektioniert. In einer weiteren Phase wird der Thurgauer Untergrund mittels einer mehr-dimensionalen „Seismik-Kampagne“ erforscht. Sie liefert noch präzi-sere Hinweise für die Nutzung des tieferen Untergrunds. „Aufgrund dieser Ergebnisse wollen wir bis zu drei erfolgsversprechende Stand-orte für Erkundungsbohrungen ausscheiden und den tieferen Unter-grund noch detaillierter untersuchen“, erläuterte Bernd Frieg. Als Höhepunkt sollen pro Gebiet eine oder mehrere Erkundungsbohrun-gen stehen, die einen möglichst präzisen Aufschluss über geologische und technologische Bedingungen erteilt. Spätestens dann ständen auch Grundlagendaten in höchster Qualität zur Verfügung, die es zukünftigen Investoren erlauben, mit weniger Risiken behaftete Tief-bohrungen zur Nutzung der Geothermie vorzunehmen.

Für die ersten drei Phasen schlagen die Experten eine unabhängige Körperschaft vor, an deren Spitze ein Steuerungsausschuss die politi-sche Verantwortung trägt. Umgesetzt würde das Vorhaben durch ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen. „Der Verein selber un-ternimmt also keine eigenen Aktivitäten für die Umsetzung. Diese obliegen Dritten“, bekräftigte Josef Gemperle.

„Gemperle ist selber ein Kraftwerk“
„Unser Vorhaben ist das geforderte ‚enkeltaugliche‘ Projekt. Es be-trifft den ganzen Kanton“, warb Josef Gemperle gewohnt leiden-schaftlich für diesen Quantensprung der Energiewende. Für sein En-gagement war der Gründungspräsident zuvor von allen Seiten gelobt worden. Urs Martin, einst selber Gründungsmitglied und heutiger Regierungsrat, bezeichnete den umsichtigen Präsidenten in der Grussadresse der Regierung als „eigenes kleines Kraftwerk, der auf seinem Hof bei Fischingen fast alle Kraftwerkstypen führt“. Mit Aus-nahme eines Geothermie-Kraftwerks, wie er augenzwinkernd anfügte.

 

Vollständige Medienmitteilung (pdf)

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