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Noch befindet sich das Geothermiekraftwerk in der Vorprojektphase. Dennoch rechnen sich Gemeinde und Kanton grosse Chancen aus für eine Realisierung der Pläne. Dies verdeutlichte die Präsenz der Thurgauer Kantonsvertreter sowohl vom Volkswirtschafts‐ als auch vom Baudepartement anlässlich der Medieninformation. Regierungsrat Kaspar Schläpfer betonte, dass der Kanton auf die Tiefengeothermie setze. Er habe vom Parlament den Auftrag erhalten, Geothermieprojekte als Beitrag zur Energiewende zu fördern. Sein Ziel sei es, dass bis 2020 mindestens ein Geothermiekraftwerk im Thurgau Strom produziere.
Petrothermale Geothermie
Die Stimulation des Untergrundes ist bei der petrothermalen Geothermie notwendig. Die Geologie der meisten Gebiete in der Schweiz - und so auch grosse Teile des Kantons Thurgau - enthält in den für die Geothermie-Stromproduktion relevanten Tiefen keine wasserführenden Schichten. Das Prinzip der petrothermalen Geothermie beruht darauf, das Wasser künstlich ins heisse Gestein zu pressen. Es entstehen dabei zahlreiche kleine Risse, in welchen das Wasser durchfliessen und sich erhitzen kann. Das heisse Wasser gelangt durch eine zweite Bohrung wieder an die Oberfläche, wo es der Stromproduktion dient. Die hydraulische Stimulation bei der Tiefengeothermie mittels Multiriss- System, auch Hydroshearing genannt, ist nicht zu verwechseln mit dem gegenwärtig breit diskutierten Fracking zur Förderung von Schiefergas. Beim Fracking wird der Untergrund mit sehr hohem Druck aufgerissen und mit verschiedenen chemischen Zusätzen behandelt, die teils äusserst toxisch sind. Beim Hydroshearing für die Geothermie gelangt lediglich Wasser in natürlich vorhandene Spalten des Gestein. Durch einen moderaten Überdruck verschieben sich die zwei gegenüberliegenden Flächen des Spaltes und passen nicht mehr aufeinander, weshalb sich zwischen den Spaltflächen wasserdurchlässige Öffnungen bilden. In kalkhaltigem Gestein wäre unter Umständen der Einsatz von Salzsäure für die Öffnung von Gesteinsporen möglich. Diese wirkt wie ein Haushaltentkalker und neutralisiert sich im Untergrund.
Sorgfältig evaluierter Standort
Dass die Geo-Energie Suisse auf den Standort Etzwilen gekommen ist, habe gleich mehrere Gründe, so Peter Meier, CEO der Geo-Energie Suisse AG und Initiant des Pilotprojektes: „Mit dem ausgedienten Bahnareal der SBB steht genügend Industrieland samt Zufahrt und Stromnetz zur
Verfügung, das Gebiet liegt ausserhalb von Schutzzonen, dank der Bohrung in Schlattingen ist die Geologie bekannt und die Region unterliegt nur geringen seismischen Risiken.“
Neues Multiriss‐System
Die seismischen Reaktionen sind denn auch das, was bezüglich des Geothermieprojektes in Etzwilen die meisten Bedenken auslöst. Die Tiefengeothermie erlitt mit dem Bohrprojekt in Basel, welches dort zu leichten Erdbeben führte, einen herben Rückschlag. Meier erklärt, dass man dank dieser Erfahrung jedoch wertvolle Erkenntnisse erhalten habe und heute eine andere Stimuliertechnik anwende. Mittels Videoanimation erklärte Meier das neue Verfahren, das sogenannte Multiriss- System. Während beim Deep Heat Mining-Projekt in Basel vor fünf Jahren eine grossflächige Stimulation des Untergrundes in einem Arbeitsgang erfolgte, wollen die Geothermie-Experten in Etzwilen horizontal in rund 4500 m Tiefe mit dem sanfter wirkenden Multiriss-System 40 kleinere Wärmeaustauschflächen stimulieren. Damit erwarten die Projektverantwortlichen aufgrund von detaillierten Risikostudien lediglich schwach wahrnehmbare, leichte Erschütterungen, die im Gegensatz zu Basel mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Schäden verursachen. Mittels Seismik- Monitoring sollen während der geplanten Stimulationen die Erdbewegungen laufend überprüft werden, damit bei einer unerwarteten grösseren Erschütterung das Hydroshearing sofort gestoppt werden könnte. Eine weitere wichtige Lehre von Basel ist, dass vor dem Projektstart Beweissicherungsmassnahmen an empfindlichen Gebäuden vorgenommen werden und dass das Vorgehen zur Abwicklung von allfälligen Schäden schon im Rahmen der Baubewilligung festgelegt wird.
Erstaunliches Energiepotential
99 Prozent der Erde sind über 1000 Grad heiss. Das Potential der Erdwärme in tiefen Schichten scheint unerschöpflich zu sein. In der Schweiz könnte ab 2050 bis etwa 30 Prozent des Schweizer Energiebedarfes mittels Tiefengeothermie abgedeckt werden. Dabei handelt es sich um einheimische, erneuerbare und praktisch CO2-freie Energie. Zudem hat die Geothermie den Vorteil, dass sie keinen Schwankungen unterliegt und konstant Energie liefert. Allein das Pilotprojekt in Etzwilen mit einer Produktion von etwa 30 GWh wird den Energiebedarf von rund 6000 Haushaltungen abdecken, Tag und Nacht.
Keine Schutzzonen
Der vorgesehene Standort für das Geothermieprojekt liegt in der Industriezone und ausserhalb von Schutzzonen. Dass die Grundwasserverhältnisse durch das Projekt weder qualitativ noch quantitativ beeinträchtig werden, zeigte der Thurgauer Geologe Erich Müller anhand umfangreicher Resultate der sogenannten Voruntersuchung zur Umweltverträglichkeit auf. Diese wird bei den kantonalen Behörden bereits in den kommenden Tagen zur Prüfung eingereicht. Die Eingabe der Baugesuchsunterlagen sowie der UVP-Hauptuntersuchung wird im kommenden Winter erfolgen. Falls das Pilotprojekt zur Ausführung gelangt, soll rund um die Uhr gebohrt werden. Während der Bohrarbeiten und auch beim Betrieb des Stromkraftwerkes sind mit üblichen Lärmemissionen zu
rechnen. Die Geo-Energie Suisse AG ist aber überzeugt, dass die Lärmvorschriften mit entsprechenden Lärmschutzmassnahmen eingehalten werden können, sind doch schon verschiedene Tiefbohrungen in Wohnquartieren dicht besiedelter Städte realisiert worden.
Begleitgruppe für kritische Beobachtung
Noch steht die Geo-Energie Suisse zusammen mit der Gemeinde Wagenhausen und dem Kanton Thurgau am Anfang der Planung. Gegenwärtig finden erste Gespräche mit der SBB für den Landerwerb statt. Das Verfahren zum Verkauf des Grundstückes ist aber noch offen. Im weiteren soll in den kommenden Monaten eine Begleitgruppe, bestehend aus Interessensvertretern der Gemeinden, kantonaler Behörden und Verbände, gebildet werden. Die Begleitgruppe dient als Informationsplattform für technische Detailfragen und ermöglicht, Anliegen der Anspruchsgruppen frühzeitig zu prüfen und soweit möglich in die Planung zu integrieren. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist mit ausschlaggebend, ob das Pilot- und Demonstrationsprojekt Geothermiekraftwerk Etzwilen von den Initianten schliesslich weiter verfolgt wird. Nebst den Kantonsvertretern macht sich auch der Gemeindeammann von Wagenhausen, Harry Müller, stark für das Projekt: „Es bedeutet eine grosse Chance für Etzwilen, Wagenhausen und schliesslich auch für den Thurgau.“ Ihm schwebt für Etzwilen die Vision eines Dampfkraftortes vor. Die historischen Dampflokomotiven der Stiftung Museumsbahn sind bereits vor Ort, die moderne Stromerzeugung mittels Geothermiedampf könnte folgen.